Ein Abenteuer in Wales – als Reha-Tierärztin unterwegs
- mariabromme
- 22. Aug.
- 3 Min. Lesezeit

„Reha-Tierärztin für kurzfristige Vertretung in Swansea gesucht.“
Ich las die restliche Stellenbeschreibung, die perfekt zu mir passte, schüttelte dann aber den Kopf und lachte. „Schade, dass ich nicht in Großbritanien lebe! Sonst würde ich dort sofort anfangen.“ So antwortete ich meiner britischen Kollegin, die mir die Anzeige geschickt hatte.
Wie es das Schicksaal dann aber wollte, packte ich im Januar 2025 gemeinsam mit meinem Mann und den Kindern unser Auto für die zweitägige Reise nach Wales. Die Kinder waren noch nicht in der Schule, also warum nicht genau jetzt ein Arbeits- und Familienabenteuer wagen? Ich hatte ein süßes, gemütliches AirBnB mit Blick auf die Swansea Bay gefunden, und eine nahegelegene Kindertagesstätte hatte uns freudig zugesagt. Die größte Hürde war der Papierkram nach dem Brexit, damit ich überhaupt in Wales arbeiten durfte. Gerade rechtzeitig war alles genehmigt, und so wurden Kleidung, Stickerbücher, Lego und die heißgeliebten Kuscheltiere gepackt. Dann ging es auf nach Calais, durch den Eurotunnel und weiter bis nach Swansea in Wales.
Arbeiten in der Rehaklinik
Wie jede Geschichte, die in einem walisischen Winter spielt, begann auch unsere mit Regen, Regen und noch mehr Regen. Doch die nervöse Vorfreude auf meine neue Stelle ließ mich das Wetter völlig vergessen. Einen Tag nach unserer Ankunft fuhr ich vorsichtig auf der linken Straßenseite, meisterte die geschäftigen Kreisverkehre und klingelte schließlich an der Tür der Klinik. Nach einer herzlichen Begrüßung durch die Managerin, einer Führung durchs Gebäude und kurzen Vorstellungsrunden mit dem Team aus Tierärzten, Physiotherapeuten und Tierpflegern sah ich auch schon meinen ersten Patienten.

In meinen drei Monaten als Reha-Tierärztin in Wales durfte ich eine große Vielfalt an Hunden und Katzen kennenlernen: wilde Welpen mit orthopädische Entwicklungskrankheiten, liebenswerte Senioren mit Mobilitätsproblemen, eine Katze, die nachdem sie für einige Zeit vermisst worden war, mit einer Nervenwurzelverletzung zurückkehrte, und arbeitende Hofhunde mit Weichteilverletzungen. Vom winzigen Kätzchen bis zum riesigen Hund, vom stürmischen Draufgänger bis zur schüchternen Seele – die Freude an der Arbeit mit Tieren liegt darin, all diese unterschiedlichen Persönlichkeiten kennenzulernen. Genauso bereichernd war es, die Tierhalter zu treffen, ihre Geschichten zu hören und unsere gemeinsame Tierliebe zu teilen.
Viele fragten mich, ob ich die Waliser überhaupt verstehen könne. Walisisch verstehe ich tatsächlich kein Wort – auch wenn meine Kinder mir ein paar wichtige Wörter wie „Hund“ und „Katze“ beibrachten, die sie in der Kita gelernt hatten. Aber natürlich sprechen alle auch Englisch. Mit britischen Akzenten bin ich bestens vertraut, da ich mein Tiermedizinstudium in Schottland absolviert habe. Für mich war es deshalb eher ein Stück Vertrautheit und ein wohltuendes Gefühl, wieder im Vereinigten Königreich zu sein.
Beruflich konnte ich meine Fähigkeiten vertiefen und mein Wissen im Bereich Rehabilitation und Schmerztherapie erweitern. Ich führte Akupunktur, Lasertherapie, sowie manuelle Therapien durch und entwickelte Heimübungsprogramme. Außerdem sammelte ich praktische Erfahrung am Unterwasserlaufband. Im Vergleich zu anderen Kliniken und Therapeuten verfolgt die Klinik in Swansea einen besonderen Ansatz: Das Wasser wird relativ niedrig gehalten, um den Gang zu optimieren, bestimmte Muskelgruppen gezielt zu aktivieren und die Propriozeption zu fördern. Es war faszinierend, die Hintergründe dieser Methode kennenzulernen und die positiven Ergebnisse bei unseren Patienten mitzuerleben.
Einer meiner liebsten Aspekte meiner Arbeit in der Klinik war die enge Zusammenarbeit im Reha-Team. Ideen auszutauschen, Fragen zu stellen und einfach die Teamgemeinschaft zu genießen, war gleichermaßen inspirierend wie bereichernd.
Familienabenteuer am Meer
In meiner Freizeit erkundete ich mit den Kindern die Gower-Halbinsel. Selbst im Winter waren die Strände atemberaubend, und wir verbrachten mindestens einmal pro Woche einen Strandtag. Die raue Küstenlinie und die wunderschöne Landschaft waren ein ganz besonderes Erlebnis während dieser drei Monate. Ich hätte Worm’s Head bei Rhossili Bay oder die Langland Bay jeden Tag besuchen können, ohne dass es mir je langweilig geworden wäre. Wir besichtigten außerdem verschiedene Burgen, verbrachten einen Nachmittag in Cardiff und wanderten den Gruffalo-Pfad im Botanischen Garten von Wales.

Wales zu verlassen, war bittersüß. Es fiel mir schwer, mich vom wunderbaren Team und der eindrucksvollen Küste zu verabschieden, gleichzeitig fühlte ich mich voller Energie und neuer Ideen für meine Patienten in Deutschland. Diese Zeit in Wales war nicht einfach nur ein berufliches Kapitel – sie war eine zutiefst bereichernde Erfahrung, die sowohl mein Wissen als auch meine Liebe zur tierärztlichen Rehabilitation erweitert hat.
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